Schlüssel zu Konzentration, Kraft, Versammlung
Konzentration ist geistiges Sammeln, das sich in körperliche Tragkraft und Versammlung umsetzen lässt. Davor steht die Motivation: Sie aktiviert das vegetative Nervensystem, pusht Aufmerksamkeit und Leistungsbereitschaft – und ist nötig, um dem Pferd den Einsatz von Geist und Kraft zu entlocken. Die Klassik-Ausbilderin und Biologin Sonja Weber weiß, wie wir diese Kette auslösen und Pferde motivieren.
Text: Sonja Weber
Mit Pferden ist es wie mit Mitarbeitern im Betrieb: Eine gute Führungskultur sorgt für Motivation. Motivation ist, sofern die Grundbedürfnisse gedeckt sind, das Ergebnis einer guten Interaktion. Zu einer guten Interaktion gehören positiver Kontakt und die einfühlsame, klare Kommunikation. Mensch und Pferd sind motiviert, solange sie keine schlechte Vorerfahrung gemacht haben. Auch schlechte Vorerfahrungen können mittels positiver Interaktionserfahrungen überwunden werden, wenn wir einfühlsam sind: Wir müssen herausfinden, welche Aktionen schlechte Vorerfahrung beim Pferd triggern können und wie man diese vermeidet. Denn wenn sich negative Empfindungen einstellen, lässt die Konzentration nach.
Ein Reitpferd benötigt eine Ausbildung, die ihm unter dem Reiter weitestgehend unangenehmen Empfindungen erspart. Dafür muss es im Training Kraft (= Tragfähigkeit) entwickeln und in Versammlung geführt werden – einer der wichtigsten Faktoren, damit es gesund bleibt. Für jahrelange Ausbildungsarbeit brauchen Pferd und Reiter viel Motivation, wobei das Wohlbefinden des Pferdes Einfluss auf die Motivation des Reiters hat, und diese wiederum motiviert das Pferd. Das Gleiche gilt für die Konzentration: ist der Reiter fokussiert und befindet sich in einer kraftvollen Ruhe, wird sich dies auf das Pferd auswirken. Das Ganze geschieht in Rückkopplungsschleifen.
Motivation muss nicht erst geschaffen werden – etwa durch besonders abwechslungsreiche Arbeit. Das Pferd ist bereits motiviert, wir dürfen es nur nicht durch mangelnde Vorbereitung auf das Leben als Reitpferd demotivieren.
In der Biologie wird Motivation mit „Antrieb“ oder „Trieb“ gleichgesetzt. Tiere haben den natürlichen Antrieb, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen und ihre Art durch Vermehrung und Schutz zu erhalten.
Damit ein Organismus im Ernstfall trainiert ist, übt er permanent: Flucht, Verteidigungs- oder Rangkampf, Werbeverhalten um Sexualpartner, Fortpflanzung. Er übt sich in konzentriertem Verfolgen einer Handlung und trainiert die Kräfte, die hierfür benötigt werden.
Junge Tiere haben Spieltrieb, um diese Verhaltensweisen zu trainieren. Sie bewegen sich gern. Beim erwachsenen Pferd spielt auch noch die Ökonomie, also Energie sparen, eine Rolle. Ein Fluchttier muss üben zu fliehen. Je nach Herkunft des Pferdetyps ist Fluchtbereitschaft .…..